Ein 800 Jahre alter Bau
Die kleine romanische Kirche wurde vor dem
Ritterhof Seeben und als Mittelpunkt einer Siedlung von wenigen
Häusern am Ende des 12. Jahrhunderts erbaut.
Vielleicht war
das Gelände, auf welchem sie steht, in heidnischer Zeit ein
heiliger Hain, der der Göttin Siba oder Seba geweiht war, und
nach
der das Dorf Seeben benannt wurde.
Erhalten sind aus ältester Zeit
das
Kirchenschiff, der massive Teil des Westturms, die beiden Portale auf
der Nordseite, im Inneren der Triumphbogen. Erst in der zweiten
Hälfte des 13. bis Anfang des 14. Jahrhunderts wurde
der
rechteckige Chor angefügt.
Anfang des 18. Jahrhundert drohte die
Kirche
einzustürzen. Daraufhin erfolgte 1714 eine Erneuerung des
Gebäudes und vermutlich die Aufstockung des Turmes mit
Fachwerk.
1836
erhielt die
Kirche ein neues Dach, und 1845 wurden die beiden großen
Fenster
auf der Südseite eingebrochen. 1861/62 waren wieder
Instandsetzungsarbeiten erforderlich.
(Klick
auf Bilder zum vergrößern)
Erneuerung und Verfall
Entscheidende Veränderung erfuhr
die Kirche
1898/99 durch Umbau und Entfernung der barocken Ausstattung. Das
Turmuntergeschoß wurde in den Kirchenraum einbezogen, eine
Flachdecke erschien anstatt des Tonnengewölbes. Erneuert wurde
der
Vorbau am Eingang sowie Dach und Glockenstuhl. Zum Erntedankfest 1899
konnte die umgestaltete Kirche eingeweiht werden.
Mit Gregorius Hermann 1558 kam der erste evangelische Pfarrer nach
Seeben. Da die Gemeinde zu einer der ärmsten in der Region
gehörte, wurde die Pfarrstelle im Jahre 1807 aufgehoben. Sie
ist
bis heute St. Briccius in Trotha angegliedert (zwischenzeitlich
Gutenberg). Heute bilden beide Gemeinden ein Kirchspiel. Obwohl sich
das Dorf im Industriezeitalter erheblich
vergrößerte, ging
im 20. Jahrhundert die Zahl der Gemeindeglieder
zurück.
Während der DDR-Zeit war die Kirche nach den 60er Jahren dem
Verfall preisgegeben, was 1976 durch den Gemeindekirchenrat
bestätigt wurde. Von da an diente sie der Baubrigade des
Kirchenkreises Halle als Lager.
Die Rettung der Kirche
1995 erfolgten durch engagierte Helferinnen
und
Helfer erste Aufräumungsarbeiten in der völlig
verwüsteten Kirche. Die Gemeinde begann, ihre Kirche wieder in
Besitz zu nehmen und erfüllte den noch ungastlichen Raum mit
Gottesdiensten und fröhlichen Festen. Mit hohem finanziellen
Aufwand und unterstützt durch Fördermittel konnte die
Kirche
in mehreren Bauabschnitten gesichert und saniert werden. Die Empore
wurde entfernt, um den ursprünglichen Charakter des Raumes
wieder
sichtbar zu machen, der Fußboden erneuert und neue Fenster
eingesetzt. Die Chorfenster und das runde Fenster im Turm entwarf die
hallesche Glasgestalterin Annegrete Riebesel.
Am 3. Advent 2005 feierte die Gemeinde die Erneuerung ihrer Kirche.
Leider sind der ehemalige kleine Flügelaltar aus dem 16.
Jahrhundert und die Rühlmannorgel verschollen. Wieder genutzt
werden die mittelalterliche Altarmensa und das Buchpult mit
Akanthusschnitzerei von 1692.
Ein Freundeskreis hat sich 2006
zusammengefunden,
um die Seebener Kirche wieder in das Bewusstsein der Bewohner Seebens
und Halles zu rücken. Gottesdienste und Andachten, Hausmusik
und
Tage der offenen Tür finden statt. Besonders das Erntedank-
und
das Johannesfest sind zu einem Höhepunkt geworden.
Die Kirche könnte auch für
Ausstellungen, Konzerte, feierliche Anlässe und
Dorfversammlungen
zur Verfügung stehen.
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In zwei zeitlich voneinander getrennten
Bauabschnitten hat die Kirche neue Fenster erhalten. Als erstes wurden
2002 die bleiverglasten Rundbogenfenster (oberes Bild) eingebaut. Im
Sommer 2004 kamen die Chorfenster und das runde Fenster (unteres Bild)
an der Südseite des Turmes hinzu. Letztere wurden nach
Entwürfen der Halleschen Glasgestalterin Annegrete Riebesel
von
der Firma „Glasgestaltung Berlin“ hergestellt.
Wir
freuen uns, dass wir auch die Innenraumsanierung abschließen
konnten. Das Bild entstand am 30. September 2007 während des
Erntedankfestes in der Kirche.
Wir danken herzlich den vielen
Spendern! Nur so konnten wir dieser Kirche wieder zu neuem Glanz
verhelfen.
Für
Festlichkeiten können wir die Wiese hinter der Kirche nutzen.
Das Bild entstand zum Johannisfest
2005.
Blick in den Altarraum
Bild: M.
Töpfer
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Die Seebener
Kirchenglocke
OS MEUM ANNUNTIABIT LAUDEM TUAM - Mein Mund
wird verkünden Dein Lob (Ps. 145, 21)
Etwa einmal im Monat ist die Seebener
Kirchenglocke zu hören, wenn sie zum Gottesdienst oder zur
Andacht
einlädt. Die Schallluken sind dann weit geöffnet,
damit
möglichst Viele hören, dass die Tür der
Seebener Kirche
wieder einmal für große und kleine Besucher offen
steht.
Glockenläuten ist hier noch Handarbeit. Es gibt keinen
Elektromotor und keine Zeitschaltuhr. An einem dicken Seil muss
kräftig gezogen werden, damit sich die Glocke in Bewegung
setzt.
Vor allem viele Seebener und Trothaer haben
die
Glocke in der Seebener Kirche schon des öfteren
gehört. Es
lohnt sich aber auch vielleicht an einem Tag der offenen Kirche ein
paar steile Holzstufen zu überwinden (Gut festhalten!
Sturzgefahr!) und sich die Glocke einmal anzusehen.
Neben einem Kruzifix und einem Marienbildnis
kann
man recht bald eine Jahreszahl erkennen: 1786. Sie ist also schon recht
alt, unsere Glocke. Aber seit wann befindet sie sich in unserer
Seebener Kirche? Antwort auf diese Frage finden wir in den
„Beiträgen zur Geschichte der Stadt Halle und
Umgebung; Dorf
Seeben Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des
Saalkreises“
von Paul Hoffmann (1940-er Jahre):
„Den Bemühungen des zweiten Trothaer Pfarrers,
Diakonus
Walter Bode, gelang es im März 1923 eine neue Glocke zu
beschaffen. (Nachdem im Ersten Weltkrieg beide Glocken der Seebener
Kirche abgegeben werden mussten, gab es lediglich eine Ersatzglocke,
die im „Kohlenstall der Superintendentur
Giebichenstein“
gefunden wurde.) Von den abgelieferten, aber nicht zerschlagenen
Glocken, standen in Preußen bei Kriegsende 100 zur
Verfügung, deren frühere Kirchengemeinde nicht
festgestellt
werden konnte. Vier Stück erhielt die Provinz Sachsen
zugeteilt,
wovon die größte nach Staßfurt, je eine
kleine nach
Dingelstädt (Eichsfeld) und Wieserode bei Ermsleben und die
zweitgrößte an die Gemeinde Seeben abgegeben
wurde.“
Des Weiteren können wir hier
erfahren, dass
diese Glocke, deren Ton zwischen h und c liegt, einen Durchmesser von
76 cm hat und 220,5 kg wiegt. Und wer dann vor Ort auf Grund der Patina
und der schlechten Lichtverhältnisse Schwierigkeiten beim
Lesen
der Glockeninschrift hat, dem sei hier schon verraten: am oberen Rand
steht: MIT GOTT GOSS MICH JOHANN GEORGE KRIEGER IN BRESLAU IM JAHR
1786. Am Glockenmantel steht geschrieben: OS MEUM ANNUNTIABIT LAUDEM
TUAM - Mein Mund wird verkünden Dein Lob (Ps. 145, 21).
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In diesem Sinne wollen wir die Seebener
Glocke
noch lange und oft läuten: dass sie mit ihrem Läuten
Gottes
Lob verkündige, und dass sie mit ihrem Klang Menschen einlade,
des
Höchsten Lob zu verkünden mit Wort und Gesang.
Text + Bild zur Kirchenglocke:
M. Töpfer
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