Kirche St. Briccius / Halle Trotha

Die erste eindeutige Benennung einer Kirche in Trotha stammt aus dem Jahr 1121. In einer Urkunde des Klosters Neuwerk in Halle wird ein Vorgängerbau der heutigen Kirche erwähnt. Ob es sich dabei um ein steineres Gebäude handelte, ist nicht näher beschrieben.
1426 wird der Ort wegen einer Fehde zwischen Erzbischof Günther und der Halleschen Bürgern völlig zerstört. Ob dabei auch Schaden an der Kirche entstand, wissen wir nicht. Um 1560 lebten in Trotha 70 Einwohner in 14 Häusern. Sie bildeten die Gemeinde Trotha. 40 Jahre später hatte sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt. 

Kirche Trotha

.(Klick auf die Bilder zum Vergrößern)

Die Kirche ist dem Heiligen Briccius geweiht. Es gibt mehrere Heilige dieses Namens. Hier handelt es sich wahrscheinlich um den Schüler und Nachfolger des Heiligen Martin von Tours. Sein Namenstag ist der 13. November. Wahrscheinlich ist die Kirche an einem 13. November geweiht worden. In welchem Jahr das geschah, wissen wir nicht.

Im Laufe der Zeit wurde die Kirche oft umgebaut. Man kann die Veränderungen noch heute im Gemäuer erkennen: z.B. den zugemauerten Eingang im Osten, an der Nordseite die romanischen Fenster und das Seitenportal das heute mit einem Epitaph verschlossen ist. 

1525 gab es den ersten evangelischen Pfarrer in Trotha. Im 30-jährigen Krieg war Trotha ein „wüster Ort“, wie Chronisten berichten. Am Ende dieses Krieges und während der verheerenden Pestjahre musste die Gemeinde ohne Pfarrer auskommen. Jeder Zuziehende hatte für die zerstörte Kirche „2 tüchtige Bretter“ abzuliefern.

1730 wurde die Kirche für 1017,20 Taler renoviert und dabei das Kirchenschiff um 1 Meter verbreitert. Auch diese Veränderung ist an der alten Mauerkante an der Ostseite zu erkennen.

Im 19. Jahrhundert wächst durch die Industrialisierung auch die Bevölkerung von Trotha. Eine neue Schule wird gebaut und 1862 die Pfarrstraße gepflastert. Am 1. April 1900 wird Trotha ein Stadtteil von Halle.

Etwa um 1830 gibt die Gemeinde den spätromanischen Taufstein (12. oder 13. Jahrhundert) wegen Unbrauchbarkeit (Risse) ab. Dieser Taufstein präsentiert sich noch als echter Tauchstein. Das Neugeborene wurde tatsächlich eingetaucht. 1842 gehörte der Taufstein bereits dem ehemaligen Thüringisch-Sächsischen Geschichtsverein. Heute ist er noch in der Moritzburg (Halle) zu sehen.

Ein im Merseburger Dom aufgestellter, aus der Merseburger Neumarktskirche stammender Taufstein weist verblüffende Ähnlichkeiten mit diesem Taufstein auf, man kann ihn getrost als stolzen Bruder betrachten und auf etwa gleiches Alter schließen.

Die Firma Rühlmann baut 1899 eine neue Orgel für die Kirche. Sie ist ein Geschenk des Rittmeisters Nagel und seiner Frau, auch die Glocken nach dem 1. Weltkrieg waren eine Schenkung der Familie.

Am 6. August 1911 wird der Anbau unsere Kirche geweiht. Die Kirche war für die vielen Gottesdienstbesucher zu klein geworden. Zur Debatte satnd der Abriss und Neubau unserer Kirche. Jedoch entschied man sich für einen Anbau im Landhausstil. Somit ist unsere Kirche erhalten geblieben.

Um 1970 erhält die Kirche ihren schlichten Anstrich, das Dach wird gedeckt. Innerhalb von weniger als 2 Jahren bringt die Gemeinde die nötigen 11000 Mark der DDR für die Dachdeckung auf 

Am 27. Mai 1999 feierte die Gemeinde den 100. Geburtstag der Orgel. Aus diesem Anlass wurde zu Spenden für dringend notwendige Reparaturen und klangliche Verbesserungen aufgerufen. Binnen Jahresfrist konnte dies dank zum Teil erheblicher Spenden aus der Gemeinde durchgeführt werden.

Dank Fördermittel und Spenden konnten wir auch die Neueindeckung unseres Kirchendaches und die Erneuerung der Südfassade in Angriff nehmen. Diese Arbeiten waren dringend notwendig, um dem Zerfall unserer Kirche Einhalt zu gebieten.

Auf den folgenden Bildern sehen Sie den südlichen Anbau.
Die Aufnahme entstand vermutlich 1932.
(O. Mercker, Archiv)

1932

Diese Aufnahme entstand im Frühjahr 2010.
(S. Kindling)

2010

Wir feiern 2011 das 100-jährige Jubiläum des Anbaus !

Zur Einweihung des Anbaus an unserer Kirche meldete die Presse:
(leider haben wir nur eine Kopie ohne Quellenangabe)

„Die Kirchweihe zu Halle – Trotha. Wer jetzt auf die Berge steigt, über den Felsen von Trotha von der Hallischen Seite her, der wird, zumal wenn er die Gegend früher schon gekannt hat, ein wenig inne halten. Es wird ihm zu Herzen gehen, das Bild: Inmitten des Grüns, am Ufer der Saale ein anheimelnder Bau, der so freundlich grüßt und dabei so würdevoll wie einfach und anspruchslos – das Trothaer Kirchlein. Mich dünkt, es müßte den Großstädter einladen, ein Stündlein dort das Herz ausruhen zu lassen, wenn die hellen Glocken klingen. Nicht mit Unrecht bezeichnete der beredte Mund des hier zuständigen Ephorus beim Festmahl die Aufgabe des Anbaus der erweiterten Kirche an die eine, uralte Wand als eine schier unerhörte. Und, wie auch er meinte, es muß sich jedermann freuen über die Ausführung. Das milde, geistvolle Urteil des Generalsuperintendent D. Jacobi fand eine schöne Begründung: Auf das Vätererbe, auf die Vergangenheit voll Taten und voll überwindender Liebe in harten Kämpfen und schwerer Zeit weiter bauen – das ist die Aufgabe der heutigen Gemeinde. Und man muß sagen, der Bund mit der alten Zeit ist in einer Form vollzogen worden, dass die Alten schier Thränen der Freude vergießen würden, und dass die Jetzigen sich wohl fühlen.


Vom Pfarrhaus ging der Einweihungsfestzug aus, am 6. August 10 Uhr, nach einjähriger Bauzeit. Vom Pfarrhaus. Von dort war die Anregung gegangen, von dort die fleißige Sammelarbeit, von dort die Arbeit der Bausorgen. Uns dünkt, wenn’s die ganze Gemeinde vernommen hätte, es hätte wohl allen wohl getan, wie der Generalsuperintendent vor Beginn der Kirche im Pfarrgarten dem verdienten fleißigen Bauvater, dem Pastor Dr. Jenrich nebst drei so grundgetreuen Hütern der Gemeinde, Amtsrat Nagel, Kirchenältester Woepke, Kantor Zeutschel mit herrlichen Begleitworten die königlichen Gnadenbeweise in Gestalt von Orden überreichte. Wahrlich innig wohl tun musste es dem Herzen derer, die die Kirchgemeinde Trotha lieb haben, diese verehrten Männer geehrt zu sehen! Ein köstlicher Augenblick!...

Und dann der Zug – die Konfirmanden singend an der Spitze. Dann Geladene, darunter die Vertreter der Regierung, Universität, Nachbargemeinden und Donatoren, die ganze Gemeindevertretung wohl fast vollzählig mit einer ansehnlichen Zahl von Damen. Unter den Stiftern war auch ein Vertreter des Hauses von Trotha.

So ging der Zug „empor zum Hause Gottes“. Das Kirchlein hatte sich unterdessen gefüllt, geschäftige Knaben hatten die Programme verteilt, die feierliche Übergabe des Schlüssels erfolgte und der so treu sorgende Ortspfarrer durfte, sein Werk krönend, den Festschlüssel im Namen des dreieinigen Gottes ansetzen. Eine entschieden ausgezeichnet aufgeführte Motette des Posaunenchores der Stadtmission: „Machet die Tore weit“, begrüßte den Festzug und leitete den ersten Gesang. Glänzend löste der noch junge Kirchenchor unter der trefflichen Leitung von Kantor Zeutschel seine Aufgabe.

Inmitten der beiden Ortspastoren stand der vielverehrte Generalsuperintendent und hielt die Weiherede über den text, den die klare Handschrift unserer Kaiserin eingetragen hatte in die Bibel: „Christus ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn“. Dann knien die amtierenden Geistlichen nieder, die Gemeinde erhebt sich, der Generalsuperintendent spricht das Weihegebet.“
...
in der Predigt erläutert Pfarrer Jenrich die Ausstattung der Kirche und predigt dann: „die Kirche, eine Stätte der Offenbarung Gottes („ich habe den Herrn von Angesicht gesehen“) und ein Genesungsheim für die kranke Seele („meine Seele ist genesen“). Eine Stätte der Offenbarung Gottes in Christus, in Gnade und Wahrheit, ein Genesungsheim für Herzen, die wahrhaft Gott und Frieden suchen.“...

Beim Festmahl waren herrliche Reden zu vernehmen...

Schön war um 3 Uhr die Kinderfestkirche mit Umzug unter Posaunenbegleitung, und auch die Abendkirche um 8 Uhr war gut besucht. Möchte diese Kirchweih einen gesegneten Anfang bedeuten für die Gemeinde, in dem Streben, ihre geistliche Heimat zu suchen und zu finden.“

1910 wird die Kirche, die eigentlich abgerissen und neu gebaut werden sollte, erweitert und umgebaut. An der Südseite entsteht ein Anbau im „Landhausstil“, der noch heute das Bild auf der Friedhofseite prägt. Der Altar fand seinen Platz im Osten, der liturgisch „richtigen“ Seite. Bisher befand er sich unter der Orgelempore, die Gemeinde hatte die Kirche vom Osten betreten, von der falschen Seite.

So sah es in der Kirche St. Briccius vor dem Umbau im Jahre 1910 aus:

Innenansicht vor 1911

Vor 1910 war an der Ostseite der Kirche der Haupteingang. So sah die Kirche von der Friedhofsseite (Südseite) aus:

Außenansicht vor 1911

Das Bild entstand im Jahre 1911. Rechts ist die Empore in den Erweiterungsbau gerückt. Die Kirche hat im Zuge des Umbaus auch neues Gestühl erhalten:

Innenansicht nach 1911

3 Fotos: Otto Mercker, Archiv

 

Im 1. und 2. Weltkrieg mussten 2 der 3 Glocken für die Rüstung abgegeben werden. Die heutigen Glocken sind eine Schenkung von Emil Barth aus dem Jahre 1957. Die Gemeinde hat wieder ein vollständiges Geläut.

"Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen" lauten die Inschriften der Glocken.

1998 wurde die elektrische Läuteanlage von 1929 erneuert und mit einer Zeitschaltuhr verbunden. Damit konnte das Angelusläuten um 18.00 Uhr wieder eingeführt werden. Die Kosten wurden zum großen Teil durch Spenden der Gemeindeglieder aufgebracht.

Glocken
 
Taufstein2   Taufstein1   Taufstein3

Der Taufstein ist in der Moritzburg in Halle zu sehen.

 

Fotos: Susanne Ulrich (2003)

 

(Klick auf Bild zum Vergrößern)

 
Altarraum     Kruzifix
Das älteste Inventarstück ist der Kruzifikus aus dem 15. Jahrhundert.
Nach einer umfassenden Renovierung und Umgestaltung der Kirche fand es 1954 seinen Platz über dem Altar. Es lenkt den Blick der Gemeinde auf den leidenden Christus.

Farbige Bleiglasfenster in der Nordseite unserer Kirche

 Fenster Kirche Trotha
 Fenster Kirche Trotha

ICH BIN BEI EUCH ALLE TAGE BIS AN DER WELT ENDE

Matth. 28.20

 

Inschriften der Fenster

"Gottes Wort bleibet in Ewigkeit"

Gewidmet zur Erinnerung an den alten Stammsitz auf welchem das Geschlecht derer von Trotha bis zum Jahre 1458 saß.

Anno Domini 1911

Fensterausschnitt

Ausschnitt vom rechten Fenster

 

 

 

 

 

(Klick auf Bild zum Vergrößern)